Wofür es sich zu leben lohnt by Pfaller Robert

Wofür es sich zu leben lohnt by Pfaller Robert

Autor:Pfaller, Robert [Pfaller, Robert]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-10-401088-5
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2011-11-22T16:00:00+00:00


5.

»Es kommt immer zu einer Empfindung von Triumph, wenn etwas im Ich mit dem Ichideal zusammenfällt«, bemerkt Freud ([1921 c]: 122). Genau um diese Freude bringt eine Kultur die Individuen, wenn sie – in befreiender Absicht – jedes Ideal als »normativ« oder »normierend« diffamiert. Die Flut medialer Abbildungen von körperlicher Schönheit zum Beispiel, kann man immer wieder lesen, würde durch ihre Unerreichbarkeit die Individuen einschüchtern und dazu bringen, sich hässlich zu fühlen. In einem Bereich wie dem Sport aber verhält es sich auffälligerweise umgekehrt: Die immer häufigeren medialen Darstellungen fußballerischer Perfektion führen dazu, dass auch Hobbykicker sich angespornt fühlen, und so kann man heute in manchem Park Zehnjährige bei Tricks beobachten, die vor zehn Jahren vielleicht nur ein Zidane beherrscht haben mag.

Nun kann man Fußball vielleicht besser üben als Schönheit. Aber man sollte nicht vergessen, dass auch Letztere eine Rolle ist. Darum gilt auch hier die These des Epikur, wonach das Glück jederzeit leicht verfügbar ist. Denn eine Rolle ist für ein Publikum gemacht. Und zwar nicht nur für das wirkliche Publikum des Theaters, sondern vor allem für jenen naiven Blick, für den sogar das Publikum noch Publikum spielt.[156] Die Illusion ist dann gelungen, wenn sie so geschickt inszeniert wurde, dass jemand ihr hätte Glauben schenken können. Niemand von den Anwesenden muss es geglaubt haben, sondern nur dieser unsichtbare, naive Dritte, den sie, oft ohne es zu bemerken, voraussetzen. Darum ist es nicht wichtig, dass wir wirklich aussehen wie Liz Taylor oder Paul Newman; es genügt, dass wir uns einen Moment lang so anmutig verhalten, dass jemand es hätte glauben können. Dann ist die Rolle gut gespielt und die »Empfindung von Triumph« erzielt. Hier zeigt sich die Beziehung, die zwischen der Verdoppelung und dem naiven Beobachter besteht: Dass die Schönheit schön dargestellt wurde, ist entscheidend und verleiht der Sache ihren Charme; nicht die bloße anatomische Wirklichkeit. Was uns von diesem leicht verfügbaren Glück fernhält, ist lediglich die irrige Vorstellung, wir selbst müssten dabei etwas glauben; es wäre eine Sache innerer Überzeugung und nicht von geschicktem Darstellen eines »als ob«.



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